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T-Shirts aus Feuer und Eis

  • Autorenbild: Felicia Graubner
    Felicia Graubner
  • 4. Juli 2022
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. Nov. 2023

Vom 23.06.-26.06. war die neonyt in Frankfurt, eine Mischung aus Fashion Week und Messe für nachhaltige Mode. Das slow fashion movement ist unglaublich kreativ, was die Verbesserung konventioneller Produktionsprozesse angeht. Besonders spannend fand ich die Diskussion über mehr Nachhaltigkeit durch die Digitalisierung der Branche. Kaufen wir bald auch virtuelle Klamotten und kann ein Avatar wirklich ein Model ersetzen?



Mehr als 20 Kollektionen bringen die großen Modehäuser pro Jahr auf den Markt. Das bedeutet andauernd neue Fotoshootings und Runways, Models werden angeflogen, set ups werden aufgebaut und Gäst:innen aus der ganzen Welt eingeladen. Die Ressourcen, die beim Aufbau nur eines Shootings anfallen, sind schon enorm und von den extravaganten Fashion Shows der Modegiganten brauchen wir gar nicht anzufangen. Probedurchläufe, Technik, Kulissen und special effects sollen dafür sorgen, dass die Show „iconic“ wird, das Image der Marke hängt stark davon ab. Hinzu kommen die internationalen Models, die das typische „Jet Set Life“ leben und mit ihren Flügen enorm viel Treibhausgas in die Luft pusten. Sie sind jedoch nicht die einzigen mit großem CO2-Fußabdruck, Zuschauer:innen aus der ganzen Welt wollen sich das Spektakel natürlich nicht entgehen lassen. Dass das alles nicht besonders umweltverträglich ist, muss ich euch nicht erklären, aber die Sache hat noch einen zweiten Haken. Die anfallenden Kosten sind immens, was es kleineren Unternehmen und Start-ups erschwert, sich einen Namen zu machen. Es bleibt ihnen meist nichts anderes übrig, als sich alternative Märkte zu erschließen, während die konventionelle Modebranche mit ihren hohen Ansprüchen wenig neuen Wind bekommt.


Hier könnten virtuelle Fashion Shows einen Ansatz bieten, neue Kollektionen nachhaltiger zu präsentieren. 2022 fand die erste „Metaverse Fashion Week“ statt, bei der lebensnahe Avatare den Laufsteg entlang gelaufen sind. Die Klamotten werden perfekt an die „Models“ angepasst und bewegen sich authentisch mit. Auch auf Fotoshootings ist diese Methode übertragbar, die aus der Gaming-Welt kommt. Die Outfits werden am Computer angelegt und können vor jeglichem Hintergrund in Szene gesetzt werden. Es müssen keine Models extra dafür nach Bali fliegen. Mir ist bewusst, dass Runways etwas unglaublich Tolles sind und sicher nie völlig verschwinden werden geschweige denn sollen. Aber sie müssen auch nicht vier Mal im Jahr stattfinden, dann verlieren sie auch nicht an Wert.



Und es geht noch mehr. Wem es nicht reicht, die Kleidungsstücke online anzuschauen, der*die kann inzwischen auch digitale Kleidung kaufen und zum Beispiel für Video Calls, oder den perfekten Insta-Post tragen. Dazu schickt die interessierte Person ein Foto von sich an das Label und das Kleidungsstück wird sozusagen maßgeschneidert. Man kann es sich wie einen perfekt sitzenden - und extrem teuren - Snapchat-Filter vorstellen. Zum einen werden dadurch auch Ressourcen und Transportwege gespart, zum anderen ist so auch viel mehr möglich. Wer will kein Kleid, das in Flammen aufgeht, wie das von Katniss in „Die Tribute von Panem“? Der Fantasie sind keine Grenzen mehr gesetzt. Etwas näher an der Lebensrealität der meisten ist der neue Brauch, die Klamotten auf dem Bildschirm anzuprobieren. Damit ist es einfacher herauszufinden, ob der Schnitt auch wirklich passt, und man spart eine Menge Retouren.


Zum Schluss möchte ich noch auf die positiven Seiten von Blockchains eingehen. Dabei handelt es sich einfach gesagt um eine Technologie, die sämtliche Transaktionsdaten eines Produkts aufzeichnet. Jeder Schritt der Fertigung eines Kleidungsstücks kann so nachverfolgt werden, von der Rohstoffgewinnung bis zur Näharbeit. In der Modeindustrie könnte dadurch zum Beispiel greewashing verhindert werden und über soziale Standards des Produkts aufgeklärt werden. Eine Forderung wäre, diese Daten in Zukunft für alle Konsument:innen sichtbar am Produkt zu lassen, beispielsweise in Form eines QR-Codes. Auch Fair-Trade-Siegel können die Technik zur Hand nehmen, um Angaben der Unternehmen nachzuprüfen und eine nachhaltige Lieferkette zu garantieren.



So nachhaltig und fortschrittlich, wie das alles klingen mag, hat die Digitalisierung der Fashion Industrie auch ihre Kehrseiten. Während Corona ist uns schmerzlich bewusst geworden, wie wichtig der Austausch in Präsenz ist. Wir können zwar nicht immer überall hinfliegen, wenn wir grade Lust haben (die meisten können sich das eh nicht leisten), aber internationale Begegnungen ohne Bildschirm sind meiner Meinung nach auch weiterhin unersetzbar! Außerdem liegt der Wert der Klamotten nicht nur im Optischen. Genauso wichtig ist das Gefühl des Stoffes auf der Haut. Wo liegt er eng an, wo bewegt er sich zu unserem Gang? Er lässt uns unseren Körper spüren, dass kann ein Filter nicht bieten.

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© 2019 by Felicia Graubner

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